Majestät
Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber bald beginnt das große Funkeln in den Augen der Kinder auf dieser zauberhaften Insel! In wenigen Tagen ist es so weit: der Tag der Könige, der Heiligen Drei Könige, steht vor der Tür!
Die Spannung steigt, während alle sehnsüchtig auf das Trio der Extraklasse warten: Caspar, Melchor und Baltasar! In Palma ist es Tradition, dass die Könige mit ihrem majestätischen Schiff im Hafen anlegen. Danach schwingen sie sich auf ihre prunkvollen Wägen und gleiten durch die jubelnde Menge, als wären sie die Stars einer Boyband!
Die königliche Karawane der „Reyes Magos“, wird von einer bunten Schar verkleideter Gefolgsleute, die Karamelleckereien an die Zuschauer verteilen, begleitet. Jedes Jahr steht dieser Umzug unter einem neuen Motto, das so geheim gehalten wird, bis zum Schluss, wie das Rezept für die perfekte Sobrassada. Die „Cabalgata“ ist wie ein Karnevalsumzug in Deutschland, nur mit mehr Glanz, Glamour und königlicher Eleganz – ganz und gar nicht wie in Sodom und Gomorra, wo der Stil und Anstand bekanntlich Urlaub machen.
Nach dem glamourösen Spektakel geht es im Eiltempo nach Hause. Die Kinder sind kaum zu bremsen, denn die eigentliche Party steigt in den heimischen vier Wänden. Warum die Eile? Ganz einfach: In Spanien sind es die Könige, die die Geschenke bringen! In vielen Gemeinden sieht es so aus: Eure Hoheit reitet imposant voraus, im Schatten der Straßenlampen schleicht der Untertan mit dem Geschenk hinterher. Endlich erfolgt das erlösende Klingeln, die Kinder preschen hervor, reißen die Tür auf und taaaddaaa……..
Da steht er nun, vor den Kindern, seine heilige Majestät, pompöser und prachtvoller als Harald Glööckler, in voller Montur, hoch zu Gaul und überreicht den erstaunten Kindern das so lang herbeigesehnte und gewünschte Plastikgeschenk! Es gehört zum guten Ton, meine lieben Leser, dem König ganz unauffällig ein paar Scheine in die Hand zu drücken – oder auch mehrere, je nach Anzahl der Kinder. Also, seien Sie ruhig spendabler als sonst.
Sobald die Geschenke ausgepackt sind, wird der reich gedeckte Tisch gestürmt. Denn so viel Aufregung macht hungrig, und es wird geschlemmt, geplaudert und gelacht, als gäbe es kein Morgen. Die Welt steht still, zumindest an diesem besonderen Abend. Man fühlt sich wohl, glücklich und geborgen.
Der kulinarische Star des Schlemmerabends ist der „Roscon de Reyes“, ein Kranzkuchen mit besonderen Füllungen. Im Teig verstecken sich eine trockene Bohne und eine Königsfigur. Wer die Bohne erwischt, darf nächstes Jahr den Dreikönigskuchen bezahlen oder den Abwasch machen. Der Glückliche, der die Königsfigur in seinem Stück findet, wird zum König gekrönt und bekommt eine Krone aus Pappe. Ein anderes Geschenk ist selbstverständlich auch möglich, das entscheidet dann die Familie spontan. Hierbei sind der Fantasie und der Albernheit keine Grenzen gesetzt!
Für Erwachsene ist es klar, dass die Könige nicht wirklich die Geschenke bringen. Hinter dieser königlichen Fassade stecken normale Menschen wie Sie und ich – ehrenamtliche Helden. Die Eltern kaufen die Geschenke, sind danach völlig bankrott und bringen die Gaben zum Rathaus. Dort werden sie, also die gekauften unnützen Dinge und nicht die Eltern, in ein besonderes Papier gewickelt und an die kleinen Empfänger adressiert. Am großen Abend wird alles von freiwilligen Helfern – meist Jugendlichen – auf Transporter geladen und los geht's! Reitet voraus, euere Exzellenz, und lasset das Funkeln der Kinderaugen beginnen!